Bereits vor zwei Wochen hat Laura Schell, Spielführerin der TSV Amicitia Frauen, dem Viernheimer Tageblatt ein Interview gegeben, in dem sie über die Stärken der Mannschaft und die Lehren aus dem Oberliga-Abstieg spricht und erzählt, wie sie Kapitän des Teams wurde. Die Ausgangssituation hat sich nicht entscheidend geändert, es fehlt noch ein Punkt zu Meisterschaft und Wiederaufstieg. Der könnte nach dem Spielabbruch vom Wochenende allerdings schon im Laufe der Woche am grünen Tisch dazu kommen.
VT: Frau Schell, am Sonntag patzte Ihr direkter Konkurrent im Rennen um die Verbandsliga-Meisterschaft, KIT Sport-Club, und unterlag beim FSV Büchenau mit 0:2. Wie haben Sie von der Schützenhilfe erfahren und wie wurde das Ergebnis bei der Mannschaft aufgenommen?
Laura Schell: Bereits vor Schlusspfiff sind Screenshots vom Spielstand in unserer WhatsApp-Gruppe gelandet. Als das Ergebnis feststand, wurde das aber nur kurz diskutiert. Wir haben schon vor der Niederlage des KIT SC in Büchenau gewusst, dass wir es selbst in der Hand haben, wie die Saison für uns zu Ende geht. Wir sind in einer super Ausgangslage und können uns voll und ganz auf uns konzentrieren. Die Ergebnisse der Konkurrenz dürfen für uns keine Rolle mehr spielen.
VT: Vier Spieltage vor Saisonende liegt der TSV Amicitia Viernheim mit acht Punkten Vorsprung an der Tabellenspitze. Zudem haben die Blau-Grünen ein Spiel weniger absolviert. Sie können bereits am Sonntag mit einem Auswärtssieg beim FC 1945 Weiher und erneuter Schützenhilfe den Titel klarmachen. Sind Meisterschaft und Oberliga-Aufstieg nur noch Formsache?
Schell: Um ehrlich zu sein, müsste in den verbleibenden Saisonspielen wirklich noch sehr viel schieflaufen, dass wir die Meisterschaft und den damit verbundenen Aufstieg noch aus der Hand geben. Trotzdem gehen wir den Endspurt in der Verbandsliga hochkonzentriert an. Wir haben in Partien wie gegen Büchenau oder Diedesheim gemerkt, dass die Rückrunde alles andere als ein Selbstläufer wird und wir immer 100 Prozent geben müssen, um gegen diese Teams zu punkten.
VT: Was zeichnet Ihre Meinung nach diese Saison das Team besonders aus? Auffällig ist, dass Sie viele knappe Partien doch noch gewinnen, meist erst mit einem Treffer in der Schlussphase.
Schell: Zu unserem Erfolgsrezept gehört definitiv, dass wir als Team sehr eng zusammengerückt sind und bereits zu Saisonbeginn ein großes gemeinsames Ziel hatten, dass wir ehrgeizig verfolgt haben. Der Teamgeist stimmt auf jeden Fall. Außerdem konnten wir uns in dieser Saison auf unsere sichere Defensive verlassen. Wir haben gegen die meisten Gegner nur wenig zugelassen und wenn man kein Tor kassiert, ist es wesentlich einfacher, die Spiele zu gewinnen. Die Last-Minute-Siege sprechen zum einen für unsere Mentalität und dafür, dass wir bis zum Schluss den absoluten Siegeswillen haben. Wir profitieren aber auch von unserer konditionellen Stärke. Viele Teams gehen hochmotiviert ins Spiel und geben in der ersten Halbzeit richtig Gas, können in der Schlussphase aber das Tempo nicht mehr mitgehen.
VT: Ist es eine Extramotivation, die Saison ungeschlagen zu beenden?
Schell: Für uns gilt es erst einmal, schnellstmöglich die Meisterschaft unter Dach und Fach zu bringen. Natürlich ist dabei auch unser Ziel, bis zum Saisonende ungeschlagen zu bleiben.
VT: In der vergangenen Saison stieg der TSV Amicitia aus der Oberliga ab. Was sind aus Ihrer Sicht die Unterschiede zwischen Oberliga und Verbandsliga?
Schell: Der Schritt von der Verbands- in die Oberliga ist groß. In der Oberliga haben die Gegner einfach eine ganz andere Qualität, die Spielerinnen sind athletischer und zielstrebiger. Die Teams haben einen breiteren und ausgeglichenen Kader. Ein weiterer Unterschied ist natürlich, dass es für uns nicht nur nach Karlsruhe, sondern theoretisch auch bis an den Bodensee geht. Die weiten Fahrten waren in der vergangenen Saison für uns als sehr junges und unerfahrenes Team nicht ganz einfach, aber wir sind längst an diesen Herausforderungen gewachsen.
VT: Zu Ihrer Person: Wie kam es dazu, dass Sie 2016 nach Viernheim gewechselt sind? Was waren die Gründe?
Schell: Ich habe zuvor noch bei den Jungs in meinem Heimatverein in Eppelheim gespielt. Dann stand für mich der Wechsel in den Mädchen- oder Frauenbereich an. Über den damaligen Trainer Thomas Schmidt und Pia Kielmann bin ich damals nach Viernheim gekommen. Schon bei den ersten Trainingseinheiten zum Reinschnuppern habe ich mich pudelwohl gefühlt und wusste: Das ist der richtige Weg für mich.
VT: Was zeichnet aus Ihrer Sicht einen guten Kapitän aus?
Schell: Ich finde, ein Kapitän muss insbesondere in Phasen, in denen es nicht so gut läuft, ein wertvoller Baustein der Mannschaft sein. Es ist wichtig, im Spiel voranzugehen und das Team motivieren zu können, um das Beste aus sich herauszuholen.
VT: Wurden Sie vom Trainer zum Kapitän bestimmt oder fand eine Wahl statt?
Schell: Daraus wurde eigentlich keine große Sache gemacht. Im Winter 2018 stand fest, dass unsere Spielführerin Charu Pfister die Saison nicht zu Ende spielen wird. Trainer Patrick Kloskalla hat mir kurze Zeit später einfach die Kapitänsbinde in die Hand gedrückt und ich habe das einfach so angenommen.
VT: Das Trainerteam Kloskalla/Rohr ist in seiner zweiten Saison in Viernheim. Wie ist das Zusammenspiel zwischen Trainer und Mannschaft?
Schell: Die Mannschaft und das Trainerteam sind insbesondere in den vergangenen Monaten immer weiter zusammengewachsen. Wir als Spielerinnen schätzen vor allem, dass immer ein gut vorbereitetes und strukturiertes Training auf uns wartet. Es stimmt die Balance zwischen Ernsthaftigkeit und konzentriertem Arbeiten sowie der nötige Portion Spaß. Der kommt bei uns eigentlich nie zu kurz.
VT: Sehen wir Sie auch in der nächsten Saison-egal ob Verbands-oder Oberliga-im Trikot des TSV Amicitia Viernheim?
Schell: Für mich wird es in Viernheim weitergehen, unabhängig davon, in welcher Liga wir in der kommenden Saison antreten.
(Das Gespräch führte Oliver Höflich)